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Laugavegurpuffin

Auszüge aus dem Reisetagebuch einer Wanderung von Skogar nach Landmannalaugur vom 31.7.-5.8.2004

Anreise Donnerstag/Freitag  29./30.7.2004

Es wird dunkel als der Flughafen Keflavik unter uns in Sicht kommt. Andrea soll schon seit knapp zwei Stunden auf mich warten. Nun bin ich also zum dritten Mal in Island und freue mich schon wieder auf die grandiosen Landschaften, die netten Menschen und 2 Wochen Wandern und Herumreisen. Problemlos komme ich durch durch den Zoll zum Ausgang, wo Andrea auch schon auf mich wartet. Gemeinsam machen wir uns auf nach Reykjavik und bauen im Dunkeln unser Zelt auf dem Campingplatz auf. Reykjavik empfängt uns am nächsten Tag ziemlich ungemütlich, es regnet viel und das Herumlaufen macht nicht wirklich Spaß. So sind wir hauptsächlich damit beschäftigt, unsere Vorräte aufzufüllen, denn auf dem Laugavegur muss man fast alle Lebensmittel mit schleppen.

Sonnabend 31.7.2004 Skogar - Fimmvörduhals

In einer Regenpause können wir unser Zelt abbauen, danach wir erstmal gut gefrühstückt. Endlich geht es los Richtung Laugavegur, um 7:30 Uhr holt ein Zubringerbus die Reisenden ab und bringt sie zum Busterminal. Von dort geht es die Südküste entlang Richtung Skogar. Kassieren tut ein junges Mädchen, dass sich in den Ferien mit dieser Arbeit ein wenig Geld verdient. Sogar im Bus kann man hier mit einer Kreditkarte zahlen. Auf halber Strecke in Selfoss werden die Reisenden noch mal entsprechend ihres Endziels auf verschiedene Busse verteilt. Das Wetter wird immer besser und bald kommt sogar die Sonne heraus, da sieht die Welt doch schon wieder viel freundlicher aus. Der Zeltplatz in Skogarfoss ist einer Wiese mit einem kleinen Sanitärgebäude. Hier steigen wir aus und essen erstmal was zu Mittag. Danach entscheiden wir uns noch heute zur Hütte Fimmvörduhals (auf über 1000m) aufzusteigen, da das Wetter noch gut aus und so vielleicht die Chance besteht oben etwas zu sehen. Wir sind nicht die einzigen, die heute noch zur Hütte aufsteigen ein Ehepaar aus Schwaben und zwei junge Männer machen sich auch heute noch auf den Weg. Doch zunächst wird noch ein ausgiebiger Blick auf diesen grandiosen Wasserfall in Südisland geworfen. Rechts vom Wasserfall geht dann der Pfad hoch, zunächst von einem Wasserfall zum nächsten, eine wirklich schöne Strecke. Leider zieht es im Laufe des Nachmittags immer mehr zu und so haben wir wenig Hoffnung oben noch einen guten Ausblick auf den Gletscher zu bekommen. Langsam fängt es an zu regnen, so dass wir auch noch unsere Regenhosen anziehen müssen. Nach einer guten Strecke mündet der Pfad in den Jeep Track der auch von Skogar den Berg hinauf führt. Immer wieder treffen wir die anderen beiden Zweiergruppen, wie das noch die ganze Woche passieren wird. Der Jeep Track führt zu einer ersten Nothütte, die allerdings derart muffig und ungemütlich ist, da wir uns wieder aufmachen zur Hütte Fimmvörduhals. Hinter der Hütte wird die Sicht immer schlechter, die Wolken hüllen uns ein und wir wissen nun warum die langen gelben Stangen aufgestellt sind, die den Weg weisen. Bevor es dann links zu Hütte abgeht, müssen wir noch über ein Schneefeld, das jetzt, wo es darauf geregnet hat, höllisch glatt ist, so dass wir nur mit Hilfe unserer Stöcke einigermaßen hinüberkommen. Zudem muss noch auf einige kleinerer Gletscherspalten aufgepasst werden. Schade das heute überhaupt keine Sicht ist. Hinter dem Gletscherfeld geht es steil bergauf und dann links ab zur Hütte, die man vom Abzweig allerdings nicht sehen kann.  Bevor es schräg am Hang zur Hütte geht, ist noch ein kleines Schneefeld zu überwinden, das allerdings kein vertrauenerweckenden Eindruck mehr macht. Einzeln und zügig überqueren wir den Überhang über einen kleinen Bach. Wie sich auf der anderen Seite zeigt war unsere Furcht nicht unbegründet, denn das Schneefeld ist teilweise nur noch 10-20 cm dick. Nun sind es nur noch wenige Schritte bis zur Hütte, wo wir willkommen geheißen werden und erstmal einen heißen Tee trinken. Aufgrund des schlechten Wetters ist die Hütte ziemlich voll und so müssen sich immer zwei eines von den etwa 120cm breiten Betten teilen. Wir sind müde und so fallen wir abends früh ins Bett in der Hoffnung, dass das Wetter morgen besser wird.

Sonntag 1.8.2004 Fimmvörduhals – Thorsmörk (Basar)

Es stürmt und regnet die ganze Nacht, trotzdem finde ich guten Schlaf. Morgens bleibt es lange ruhig auf der Hütte, bei dem Wetter treibt es keinen aus dem Schlafsack. Erst gegen 9:00 Uhr macht sich Unruhe breit und warmer Kaffee- und Teeduft verbreitet sich. Der Hüttenwirt, der seine Woche hier oben hinter sich hat will auch heute absteigen. Das deutsche Ehepaar ist gerade losgegangen, sie konnten sich allerdings draußen vor Sturm kaum halten. Nach gut 10 Minuten kommen sie wieder zurück. Wir sind uns unsicher, ob wir losgehen sollen. Gegen Mittag brechen wir aber doch zu acht auf und machen uns an den Abstieg auf die andere Seite nach Thorsmörk. Oben auf dem Plateau an der Hütte kann man sich wirklich kaum halten. Schnell kommen wir zu dem Bach, den wir gestern noch über die Reste des Schneefeldes überqueren konnten.  Doch heute ist das Schneefeld noch dünner geworden. Der kleine Bach ist aufgrund des Regen erheblich angeschwollen und fließt recht schnell dahin. Unser Isländer überlegt gar nicht lange und mit Schuhen und allem Gepäck rein in den Bach, der uns schnell bis über die Knie geht. Ich habe gar nicht Zeit zu überlegen, ob ich doch lieber meine Tevas anziehen soll, da spüre ich auch schon, wie meine Füße langsam nass werden. Wir nennen es später immer die isländische Art, einen Bach zu durchqueren. Weiter geht es bergauf, bergab über die Lavafelder im strömenden Regen. Einige schwierige Passagen erfordern mit den schweren Rucksäcken ein wenig Vorsicht. Langsam ist das Ende der Hochebene abzusehen und nach einer kleinen Kletterpartie geht es hinab nach Thorsmörk. Das Wetter wird besser und der Himmel reißt sogar ein wenig auf. Das weite Tal der Krossa liegt unter uns und unser Isländer hält uns immer wieder an, doch Pause zu machen und den Blick zu genießen. Noch ein kleiner Grat und dann geht es endgültig ins Tal. Wir leisten uns noch mal eine Übernachtung in einer Hütte und machen uns nachmittags mit Stefan, einem Holländer auf, noch eine kleine Wanderung ins Krossa Tal zu machen. Leider wird diese durch die Krossa bald abrupt gestoppt, da sie ihr Flussbett geändert hat und so an ein weiterkommen kaum zu denken ist. Ich mache mich an den Rückweg, während Andrea und Stefan noch ein paar Watversuche an dem Gletscherfluss unternehmen. Eine warme Dusche und ein warmes Essen runden diesen ereignisreiche Tag ab. Ich bin erstaunt, dass keiner von den knapp 30 Personen, die mit uns auf der Hütte schlafen, schnarcht.

Montag 2.8.2004 Basar – Botnar

Es ist 7:15 Uhr und ich sitze allen in der großen Küche der Hütte mit einem Tee. Ich freue mich schon auf den neuen Wandertag. Die Strümpfe und Klamotten sind alle wieder trocken, nur die Schuhe sind nach wie vor feucht. Das Wetter ist recht gut und so geht es schon um 8:30 los. Nach einer knappen halbe Stunde, fast an der Brücke an über die Krossa angekommen, merkt Andrea, dass sie ihre Regenhose hängen gelassen hat. Ich gehe schon mal vor bis zur nächsten Hütte und hole dann  ihren Rucksack nach, während sie noch mal zurück zur Hütte läuft, um die Regenhose zu holen. Das deutsche Ehepaar hat an der zweiten Hütte übernachtet und bricht gerade auf, als ich mit dem zweiten Rucksack ankomme.  Auch Stefan, der Holländer, triff bei der zweiten Hütte ein und so machen wir uns zu dritt weiter auf den Weg. Zunächst müssen wir wieder aus dem Krossa Tal bergauf durch einen kleinen Birkenwald (ein isländischer Witz: Was tut man, wenn man sich in Island im Wald verlaufen hat? – Aufstehen!), dessen Bäume sogar fast zwei Meter hoch sind. Wenig später kommen wir an den ersten Gletscherfluss mit drei Armen der zu durchqueren ist. Diesmal ziehen wir allerdings unsere Wanderschuhe aus und durchqueren mit Teva-Sandalen das eiskalte Wasser. Eine kurze Frühstückspause und es geht weiter über eine Ebene bis zu einem kleinen Canyon. Hier gibt es glücklicherweise eine Brücke. Eine weitere Hochebene und eine kleine Stufe und wir kommen zu einem großen Canyon, an dem wieder Pause angesagt ist. Andrea verabschiedet sich zum Fotografieren und kommt erst so spät wieder, das wir schon besorgt nach ihr suchen. Nach diesem Schreck machen wir uns auf die restliche Strecke bis nach Botnar. Es geht zunächst steil bergab und dann noch mal mit einer Brücke über eine weitere Schlucht, bevor die Hütte in Sicht kommt. Der Platz zum Aufstellen der Zelte ist in einer kleinen Schlucht, die allerdings schön bewachsene Rasenstücke zum Zelten bereithält. Windig und kalt ist es allerdings heute Abend. Aber mit einem warmen Essen und einer Mousse au Chocolat als Nachtisch geht es uns allen wieder gut. 

Dienstag 3.8.2004 Botnar - Alftavatn

Nachdem es die ganze Nacht wie aus Eimern geschüttet hat, ist es heute morgen nach dem Frühstück endlich trocken. Wir sind schon ziemlich früh auf den Beinen, schon vor 9:00 Uhr begeben wir uns auf den ersten steilen Anstieg nach der Hütte. Dafür ist es den Rest des Tage weitgehend flach. Die ersten 2-3 Stunden laufen wir durch eine Lavawüste, begrenzt von grün schimmernden, moosbewachsenen Bergen. Das Wetter wird langsam besser und nach einiger Zeit kommt sogar die Sonne heraus und zaubert ein Lächeln auf unsere Gesichter. Der Blick auf den Myrdalsjökull im Westen wird immer besser. Gegen Mittag stoßen wir auf die F261, eine Jeeppiste, die von Thorsmörk hier heraufführt. Bei dem Wetter  macht die bestimmt auch mit dem Fahrrad Spaß, zumal sie in ziemlich guten Zustand ist. Mittagsrast ist bei einer Brücke über einen reißenden Gletscherfluß mit tollem Panoramablick auf den Gletscher. Wir stärken uns erstmal und genießen den Ausblick. Sogar ein kleiner Allradbus fährt hier hoch. Er überholt uns, als wir wieder aufbrechen zum nächsten Gletscherfluß, den Blafjallakvisl. Dieser Fluß stellt noch mal erhöhte Anforderungen beim Durchfurten. Er ist ziemlich tief, er geht mir heute weit über die Knie und hat eine gute Strömung. Kurze Zeit später überqueren wir noch den Kaldaklofskvisl, der aber für Fußgänger überbrückt ist. Wir erreichen das wunderschöne Tal von Hvanngil, das bei dem strahlenden Sonnenschein wie eine Oase wirkt. Es gibt hier einen Bauernhof und eine Hütte plus kleinem Campingplatz, wir wollen aber noch weiter zum Alftavatn. So warten noch zwei kleinere Höhenzüge auf uns nebst zwei kleinen Flüssen, die gut zu durchwaten sind. Langsam verändert sich die Landschaft und erste Spuren von Metallen zeigen sich in den Bergen, die eine hübsche Färbung annehmen. Die Hütte und das kleine Areal am Alftavatn zum Zelten sind nicht gerade windgeschützt, gut, das unser Zelt sturmfest verankert werden kann. Wir genießen noch die Sonne an der Hütte, bevor wir das Zelt aufbauen und uns etwas zu Essen machen. Gegen Abend wird es richtig kalt.

 Mittwoch 4.8.2004 Alftavatn – Landmannalaugur (bis 5.8.)

Heute Morgen ist da Wetter nicht mehr ganz so gut wie gestern. Wir müssen das Frühstück im Zelt einnehmen. Stefan ist auch früh wach und so machen wir uns, nachdem der Regen aufgehört hat schon um 9:00 Uhr wieder auf den Weg. Nach einem kurzen Stück in der Ebene des Alftavatn geht es steil bergauf. Kurz vorher durchwaten wir noch einen kleinen Bach. Beim steilen Aufstieg entschädigt jedoch der Blick auf die Berge um den Alftavatn. Langsam arbeiten wir uns hoch und mit den ersten Schneefeldern kommen auch die ersten rauchenden Solfatare in den Blick, schwefelhaltige Quellen aus den heißer Dampf hochsteigt. Die Landschaft verändert sich jetzt ziemlich, in allen Farben leuchtende Berge ersetzen die moosbewachsenen Lavaberge. Die Farbe kommt von den eingeschlossenen Metallverbindungen. Bald erreichen wir den höchsten Punkt unserer heutigen Etappe und wir können schon die Hütte von Hrafntinnusker sehen. Vor uns liegt jedoch noch eine gute Strecke mit vielen ‚Hubbeln’ die wir überwinden müssen. In jedem dieser Hubbel fließt ein kleiner Gletscherbach, der, aber ohne nasse Füße zu bekommen, zu durchqueren ist. Häufig sind auch noch Altschneefelder vorhanden, die aber mit großer Vorsicht überquert werden müssen, da der Sommer jetzt doch schon weit fortgeschritten ist und der Schnee nicht mehr gut trägt. Um kurz vor zwei sind wir schon an der Hütte, die Hüttenwirtin bedeutet uns, dass sie leider kein Platz mehr für uns hat und die Umgebung der Hütte lädt nicht gerade  zum Zelten ein: steiniger Lavauntergrund mit ein paar Steinhaufen als Windschutz. Und der Wind bläst wieder ganz gut heute. Da wir ob des Wetters keine Lust haben, hier oben zu zelten, beschließen wir die letzten drei bis dreieinhalb Stunden nach Landmannalaugur auch noch zu laufen, schließlich geht es für uns auch hauptsächlich bergab jetzt. Außerdem lockt der heiße Pool von Landmannalaugur zu einem entspannenden Bad. Die erste Stunde geht es über ein ziemlich holpriges Lavafeld, der Weg ist nur durch die gelben Markierungen gut zu finden. Nach kurzer Zeit sind wir am höchsten Punkt, von nun an geht's bergab! Das Wetter ist sehr gemischt, durch den Wind regnet es jedoch nicht durchgehend, sondern es kommt auch immer mal wieder die Sonne heraus. Schließlich können wir das Lavafeld vor Landmannalaugur schon sehen, bisher habe ich es immer nur von unten betrachten können bei meiner resie mit dem Rad 1997.  Uns kommen immer noch Wanderer entgegen, kein Wunder, daß die Hütte oben heute Nacht voll sein soll.  Je näher wir Landmannalaugur beim Abstieg kommen, desto mehr Tageswanderer treffen wir. Als dann auch die Hütte in Sicht kommt, bin ich etwas geschockt, im Vergleich zu 1997  hat sich doch einiges verändert. Ein neues, großes Sanitärgebäude ist dazu gekommen und ein extra Areal für Gruppenreisen und ihre Zeltburgen. Aber so ist wohl der Lauf der Wel und dieser Platz hat ja auch wirklich etwas Besonderes. Wir bauen unser Zelt auf und gehen erstmal auf 1-2 Stunden in den natürlich heißen Pool, der gesellschaftliche Treffpunkt von Landmannalaugur. Ein natürliches Becken wird gespeist mit einer heißen Quelle und einem kalten Bach, so kann man sich durch Veränderung des Standortes selbst seine Wunschtemperatur wählen. Es ist gut, daß wir heute den Abstieg gewählt haben, denn das Wetter wird schlechter und so haben wir wenigstens ein wenig Sicht gehabt beim Abstieg. Es regnet und stürmt die ganze Nacht durch.


Karte: (c) OpenStreetMap (and) contributors,
CC-BY-SA, www.openstreetmap.org

Mit der Ankunft in Landmannalaugur geht eine Woche schönen Wanderns zu Ende. Am nächsten Morgen gönnen wir uns nochmal ein Bad im Pool und einen Kaffee in den umgebauten Bussen von Nina und Smauri, die hier Kaffee und Kuchen und Lebensmittel im Sommer verkaufen. Am Nachmittag nehmen wir den Bus über die atemberaubend schöne Strecke Richtung Kirkjubaerjaklaustur aus Landmannalaugur heraus, es liegt noch eine weitere Woche mit sehr wechselndem Wetter im Skaftafell, Vik, den Westmännerinseln und Reykjavik inklusive goldener Zirkel vor uns. Die letzten Tage in Reykjavik bescheren uns dann nochmal unheimlich warmes Wetter mit einem Hitzerekord vonIsland von über 25 Grad. Die 5-7 tägige Wanderung von Skogar nach Landmannalaugur gehört sicher zu den schönsten auf der Welt.


Copyright 2005: Volker Beitzel, Fragen und Anregungen per email:volker@volker-beitzel.de